Wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit des Vertriebs einer Adblock-Zusatzsoftware für den mobilen Apple-Browser „Safari“

Gericht

LG Stuttgart

Datum

10.12.2015

Aktenzeichen

11 O 238/15 (nicht rechtskräftig)

Branche/ Lebenslage

  • Adblocking, Werbeblocker,
  • Werbeblocker-Software,
  • wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit,
  • Whitelisting

Akteure

  • Werbeblocker-Vertreiber,
  • Webseiten-Betreiber

Wer haftet?

Haftungsart

Haftungsumfang

Haftungsbegründendes Verhalten

Kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß durch Vertrieb von Werbeblockern

Technische Umstände

Werbeblocker greifen nicht unmittelbar in die Systeme der Webseiten-Betreiber ein, hindern aber technisch, dass eingebettete Werbeinhalte von den entsprechenden Servern heruntergeladen und angezeigt werden

Persönliche Umstände

Keine unzulässige Behinderung des Wettbewerbers, gerade auch wenn Ziel der Gewinnerzielung

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Grundsätzlich ist der Vertrieb von Werbeblockern derzeit noch mit einem rechtlichen Risiko verbunden; das sog. „Whitelisting“ birgt ein erhöhtes Haftungsrisiko

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Die Anbieterin einer Zeitung verlangt von der Vertreiberin eines sog. Ad-Blockers, mit dessen Hilfe Internetnutzer angezeigte Werbeinhalte im Internet unterdrücken können, den Vertrieb des Blockers einzustellen.

Das Gericht lehnte eine entsprechende Unterlassungsverfügung ab. Hierbei folgte es folgenden Beurteilungskriterien:

Wesentliche Kriterien dafür, ob eine Behinderung als gezielt und damit unlauter anzusehen ist, sind zum einen die Frage, ob die Maßnahme bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers gerichtet ist (BGH, WRP 2005, 881, 884 – The Colour of Elegance), zum anderen, ob die Behinderung derart gravierend ist, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistungen am Markt durch eigenen Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (BGH, GRUR 2001, 1061, 1062 -Mitwohnzentrale).

Das Gericht bejahte zunächst das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen der Werbeblocker-Vertreiberin und der Webseiten-Betreiberin. Ausreichend war letztlich, dass durch das Angebot der einen, eine Behinderung des Angebots der anderen zumindest möglich war, nämlich durch die Filterung von Werbeinhalten, aus deren Einbettung die Webseiten-Betreiberin Einnahmen generierte.

Die (vorrangige) Zweckrichtung des Werbeblockers sei jedoch nicht die Behinderung anderer Wettbewerber, sondern die Generierung eigener Gewinne gewesen. Das schließe eine gezielte Behinderung des Webseiten-Anbieters teilweise aus.

Besonders die technische Ausgestaltung des Werbeblockers führte zu einer Ablehnung der gezielten Behinderung, weil bereits kein unmittelbarer Eingriff gegeben sei. Es würden nicht die, durch den Webseiten-Betreiber zur Verfügung gestellte Informationen, sondern lediglich eingebettete Inhalte der Werbeserver nicht abgerufen und demzufolge nicht angezeigt. Eine eingerichtete technische Sperre des Seiten-Betreibers werde damit nicht überwunden.

Aufgrund der sich bietenden Gegenmaßnahmen auf Seiten der Klägerin – etwa dem Ausschluss von Nutzern, die bei Besuch der in Rede stehenden Webseite einen Werbeblocker nutzen – sei auch die Intensitätsschwelle eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs nicht erreicht.

ANMERKUNGEN

Vorliegend war über das Begehren einer einstweiligen Unterlassungsverfügung zu entscheiden. Das Gericht lehnte diese aufgrund mangelnden wettbewerbsrechtlichen Verstoßes ab.

Wegen des erst kürzlich in der Rechtsprechung aufkommenden Problems des Werbeblockens im Internet ist die Rechtsprechung diesbezüglich noch uneinheitlich (besonders die erstinstanzliche; vgl. Krüger, GRUR-Prax 2016, 322). Mit der neusten Entscheidung des BGH, in der er sich für die grundsätzliche Zulässigkeit von Werbeblockern und deren Vertrieb aussprach, (vgl. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle, Nr. 78/218) könnte für mehr Rechtsklarheit gesorgt werden. Diese Entscheidung ist gegenwärtig noch nicht veröffentlicht.

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