Strafbarkeit der verdeckten Anbringung eines GPS-Senders an fremdem Kfz durch Detektei zur Erstellung eines Bewegungsprofils nach Bundesdatenschutzgesetz

Gericht

LG Lüneburg

Datum

28.03.2011

Aktenzeichen

26 Qs 45/11

Branche/ Lebenslage

  • GPS-Sender,
  • GPS,
  • BDSG,
  • Bundesdatenschutzgesetz,
  • Bewegungsprofil,
  • Beschlagnahme,
  • Ermittlungsverfahren,
  • Überwachung von Personen,
  • § 44 BDSG

Akteure

  • Täter (Betreiber einer Detektei),
  • Opfer

Wer haftet?

  • Grundsätzlich Täter

Haftungsart

  • Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Haftungsumfang

  • Grundsätzlich Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren

Haftungsbegründendes Verhalten

Vornahme einer vorsätzlichen unbefugten Datenverarbeitung gegen Entgelt oder mit Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht

Technische Umstände

Persönliche Umstände

Vorsätzliche Begehung einer Straftat, gegen Entgelt oder mit Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Der vorliegende Beschluss des LG Lüneburg bezieht sich auf die Beschwerde eines Beschuldigten gegen einen Beschluss des AG Lüneburg, mit dem im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens die Beschlagnahme einer GPS-Sende- und Empfangseinrichtung nebst Zubehör angeordnet wurde.

Der Hintergrund dafür war, dass durch eine Detektei (die der Beschuldigte betreibt) im Auftrag eines Kunden zur Erstellung eines Bewegungsprofils ein GPS-Sender an einem fremden Kraftfahrzeug angebracht worden war. Das geschah verdeckt und ohne Einwilligung des Betroffenen.

Aus den Feststellungen des Landgerichts lässt sich folgendes schließen:

Die verdeckte Anbringung eines GPS-Senders an einem fremden Kfz durch eine Detektei zur Erstellung eines Bewegungsprofils kann eine Straftat nach §§ 44 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG darstellen. Der GPS-Sender unterliegt daher der Beschlagnahme im Ermittlungsverfahren. (Leitsatz)

Bei den GPS-Daten handelt es sich um personenbezogene Daten i.S.d. § 3 Abs. 1 BDSG, da sich die Bewegungsdaten durch das Anbringen des Empfangsgeräts an das Fahrzeug einer konkreten Zielperson zuordnen lassen.

Die Speicherung der Bewegungsdaten mithilfe einer sog. Blackbox stellt eine Verarbeitung derselben i.S.d. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar.

Entscheidend ist auch, dass der Verdacht besteht, dass die Daten „unbefugt“ i.S.d. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG erlangt wurden. Sowohl eine Einwilligung des Betroffenen als auch eine gesetzliche Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach den §§ 32 Abs. 1 S. 2 (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses), 29 Abs. 1 (Geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung zum Zweck der Übermittlung) BDSG kamen nach den Ausführungen des Landgerichts nicht in Betracht.

Das verdeckte Anbringen eines GPS-Senders an einem fremden Kfz durch eine Detektei zur Erstellung eines Bewegungsprofils kann daher eine Straftat nach §§ 44 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG darstellen.

ANMERKUNGEN

Die verdeckte Anwendung von GPS-Geräten (durch Detekteien) ohne Einwilligung des Betroffenen kann datenschutzrechtlich nicht gerechtfertigt werden und, abhängig davon, ob der Täter gegen Entgelt bzw. in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht handelt, nach § 44 Abs. 1 BDSG strafbar sein.

Der strafrechtliche Vorwurf zielt dabei zunächst auf den unmittelbaren Täter, kann aber im Wege der IT-Compliance auch Vorstände und Geschäftsführer als Teilnehmer oder Gehilfen treffen (Maisch/Seidl, jurisPR-ITR 1/2012 Anm. 2; Wybitul, ZD 2011, Heft 1, XVII, XIX).

Wird nicht entgeltlich oder ohne Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht gehandelt, kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BDSG in Betracht.

Die vorliegenden Ausführungen beziehen sich auf die Rechtslage vor Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung und damit auf die alte Fassung des BDSG. Aufgrund einer Öffnungsklausel in der DSGVO ist für Fälle wie den vorliegenden § 42 BDSG (n. F.) einschlägig. Dieser ist teilweise mit der alten Regelung deckungsgleich (vgl. insb. § 42 Abs. 2 DSGVO), sodass die vom LG Lüneburg getroffenen Aussagen auch künftig Bestand haben dürften.

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