Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Transfers von dem Bankgeheimnis unterliegenden Daten in großem Umfang an private E-Mail-Adresse

Gericht

LAG Hessen

Datum

29.08.2011

Aktenzeichen

7 Sa 248/11

Branche/ Lebenslage

  • Arbeitnehmer,
  • Arbeitgeber,
  • Kündigung,
  • fristlose Kündigung,
  • Transfer von Bankgeheimnissen an private E-Mail,
  • Bankgeheimnis

Akteure

  • Arbeitnehmer,
  • Arbeitgeber

Wer haftet?

  • Fristlose Kündigung des Arbeitnehmers gerechtfertigt

Haftungsart

Haftungsumfang

  • Verfahrenskosten

Haftungsbegründendes Verhalten

Abspeichern von besonders vertraulichen Bankgeheimnissen auf dem privaten Computer

Technische Umstände

Das Abspeichern von Daten auf dem privaten Rechner kann einen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften und Dienstanweisungen darstellen; auch wird dadurch eine technische Sicherung der Daten, wie sie auf betrieblichen Rechnern oft anzutreffen ist, ausgeschaltet

Persönliche Umstände

Der Arbeitnehmer hat mit der Abspeicherung von Bankgeheimnissen auf dem privaten Computer eine Arbeitspflicht schwerwiegend verletzt

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Arbeitnehmer sollten Arbeitsdokumente nicht, bzw. zumindest erst nach Absprache oder ausdrücklicher Gestattung durch den Arbeitgeber auf dem privaten Computer speichern

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Der Arbeitnehmer versucht sich gegen eine außerordentliche Kündigung zu wehren. Er hatte E-Mails von seinem Dienstrechner an sein privates E-Mai-Postfach weitergeleitet. Diese E-Mails unterfielen zu großem Teil dem Bankgeheimnis.

Das Gericht bestätigte allerdings die Wirksamkeit der Kündigung mit Verweis auf die besonders schwere Pflichtverletzung des Arbeitgebers. Zu dieser Beurteilung führte unter anderem, dass es sich bei den gespeicherten E-Mail um besonders vertrauliche Inhalte handelte:

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst, denn der Beklagten war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund i.S.d. § 626 BGB nicht weiter zumutbar.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das unstreitige Verhalten des Klägers an seinen letzten beiden Arbeitstagen an sich als wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB geeignet war, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden. Denn er hat sich unstreitig über zwingend anzuwendende Verhaltensregelungen im Hause der Beklagten hinweggesetzt und in großem Umfang Daten, die dem Bankgeheimnis unterliegen, an seine private E-Mail-Anschrift transferiert, obwohl weder eine dienstliche Veranlassung noch eine Genehmigung eines solchen Verhaltens vorlag.

Durch die schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers ist das für das Arbeitsverhältnis eines Kundenbetreuers bei einer Bank unerlässliche Vertrauensverhältnis endgültig zerstört.

ANMERKUNGEN

Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte in der vorinstanzlichen Entscheidung (21.12.2010, 4 Ca 5416/10) noch angenommen, dass die Kündigung aufgrund fehlender negativer Zukunftsprognose nicht gerechtfertigt gewesen sei. Die Kündigung sei keine Sanktion, sondern zukunftsorientiert. Diese Ansicht war den von der höhergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen gefolgt, nach denen in der Prognoseentscheidung stets auch die Gefahr der Wiederholung zu berücksichtigen sei (vgl. z.B. BAG 16.08.1991, 2 AZR 604/90; BAG 12.01.2006, 2 AZR 21/05). Das LAG hingegen wertete eine nahezu ausgeschlossene Widerholungsgefahr als nur für solche Fälle von Gewicht, in denen die Pflichtverletzung selbst nicht schon aufgrund ihrer Art und Schwere das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört hatte. Auf eine Wiederholungsgefahr kommt es, nach Ansicht des LAG, ab einer bestimmten Intensität der Pflichtverletzung gerade nicht mehr an.

Dass dem Arbeitnehmer grundsätzlich einzelne Transfers von Daten auf seinen privaten Rechner gestattet wurden, konnte nach Ansicht des Gerichts keineswegs den Transfer großer Datenmengen rechtfertigen.

Für die Rechtfertigung der fristlosen Kündigung ist nicht allein der Transfer einer großen Menge von Daten entscheidend. Ausschlaggebend ist der Charakter dieser Daten. In diesem Fall handelte es sich um besonders vertrauliche Daten der von der Arbeitgeberin betreuten Kunden.

Ob gleichzeitig ein strafrechtlicher Verstoß vorlag, war für das Gericht aufgrund des schwerwiegenden Pflichtverstoßes nicht mehr relevant.

Praxishinweis: Die Wertungen des Gerichts stützten sich auf die vom BAG aufgestellten Grundsätze (BAG 05.04.2001, 2 AZR 217/00), nach denen die Bank als Arbeitgeber besonders auf die Vertrauenswürdigkeit ihrer Kundenberater setze. Es sei dem Arbeitgeber nicht zumutbar, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, in dessen Ehrlichkeit er objektiv begründet das Vertrauen verlieren musste.

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