Störerhaftung der Eltern für über P2P-Netzwerke begangene Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder trotz mehrfacher Belehrungen

Gericht

AG Stuttgart

Datum

28.08.2014

Aktenzeichen

2 C 512/14

Branche/ Lebenslage

  • Störerhaftung,
  • Eltern,
  • Peer-to-Peer-Netzwerk,
  • P2P-Netzwerk,
  • Urheberrechtsverletzung,
  • Belehrungspflicht,
  • Minderjährige

Akteure

  • Urheberrechtsinhaber,
  • Anschlussinhaber,
  • Minderjährige

Wer haftet?

  • Anschlussinhaber

Haftungsart

  • Störerhaftung,
  • Unterlassung

Haftungsumfang

  • Anwaltskosten/Abmahnkosten

Haftungsbegründendes Verhalten

bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an minderjähriges Kind

Technische Umstände

Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Daten

Persönliche Umstände

Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch minderjährige Kinder

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Belehrungs- bzw. Instruktionspflicht gegenüber minderjährigen Kindern einhalten

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Über den Internetanschluss der Beklagten wurden urheberrechtlich geschützte Dateien (hier in Form eines Computerspiels) via Filesharing/Online-Tauschbörse hochgeladen und zum Download angeboten.

Als Täterin der Urheberrechtsverletzung kommt die Mutter als Anschlussinhaberin nicht in Betracht. Sie hatte vorgetragen, zur Tatzeit im Urlaub gewesen zu sein.

Das Amtsgericht sah jedoch eine Inanspruchnahme der Mutter im Rahmen der Störerhaftung für gegeben an. So hätte die Mutter als Anschlussinhaberin den Internetzugang in jedem Fall sichern müssen. Zwar sei nicht ausgeschlossen, dass auch unberechtigte Dritte Zugriff auf das WLAN gehabt hätten. Ihr sei jedoch vorzuwerfen, dass sie im konkreten Fall ihrem Sohn ohne Aufsicht ihren Internetzugang habe nutzen lassen. Trotz ordnungsgemäßer Belehrung hinsichtlich einer rechtswidrigen Nutzung von Online Tauschbörsen liege eine Aufsichtspflichtverletzung vor.

ANMERKUNGEN

Zu beachten ist, dass sich das AG Stuttgart hier abweichend vom Bundesgerichtshof positioniert. Die Auffassung des AG Stuttgart entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht.

Für die Anforderungen, die an Prüf- und Überwachungspflichten gegenüber minderjährigen Kindern (wie im vorliegenden Fall eines 16-jährigen Kindes) zu stellen sind, sei auf die Morpheus-Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12) verwiesen, die der Gerichtshof auch bis heute so fortführt (vgl. Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 7/14 – Tauschbörse II):

Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine weitergehende Aufsicht in Form etwa einer Überwachung des Nutzungsverhaltens oder einer Sperrung des Zugangs sei nur ausnahmsweise notwendig. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

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