Keine Störerhaftung des Hoteleigentümers für Rechtsverletzungen seiner Gäste über werksseitig verschlüsselten WLAN-Zugang und Verwendung regelmäßig wechselnder Zugangspasswörter sowie Wahrnehmung der Belehrungspflicht, keine Verpflichtung zur regelmäßigen technischen Aktualisierung des WLAN-Zugangs, keine Überwachungspflicht der Gäste oder Angestellten

Gericht

AG Koblenz

Datum

18.06.2014

Aktenzeichen

161 C 145/14

Branche/ Lebenslage

  • Störerhaftung,
  • WLAN,
  • Internetanschlussinhaber,
  • Hoteleigentümer,
  • Gast,
  • Schutzmaßnahmen,
  • Verschlüsselung,
  • WPA-2-Verschlüsselung,
  • Werkseinstellungen,
  • Passwort,
  • technische Aktualisierung,
  • Überwachungspflicht,
  • Belehrungspflicht,
  • Missbrauch

Akteure

  • Urheberrechteinhaber,
  • Internet-Anschlussinhaber,
  • Hotelgast

Wer haftet?

  • Grundsätzlich Anschlussinhaber, hier (-)

Haftungsart

  • Störerhaftung,
  • Unterlassungsanspruch

Haftungsumfang

  • Abmahnkosten/Anwaltskosten, hier (-)

Haftungsbegründendes Verhalten

Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an Dritte

Technische Umstände

Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Dateien

Persönliche Umstände

Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch unberechtigte Dritte, hier (-)

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Hinreichende technische Sicherung des Netzwerkes durch marktüblichen Verschlüsselungsstandard und Belehrung der Gäste und Angestellten, den Internetzugang nicht missbräuchlich (also zum Up- und Download urheberrechtlich geschützter Dateien) zu verwenden

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Über das gewerblich betriebene WLAN des beklagten Hotelbetreibers wurde im Wege des Filesharings eine urheberrechtlich relevante Datei zum Download angeboten.

Es handelte sich bei dem Internetanschluss um ein Gästenetzwerk, das überwiegend von Hotelgästen, aber auch den im Hotel Angestellten benutzt wird. Durch diesen Vortrag hat der Hotelbetreiber die Vermutung, dass er als Anschlussinhaber Täter der Urheberrechtsverletzung sei, erschüttert. Eine täterschaftliche Haftung auf Schadensersatz scheidet damit aus.

Auch eine Inanspruchnahme im Rahmen der Störerhaftung kommt letztlich nicht in Betracht:

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich oder kausal adäquat zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch genommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (juris Rn. 24).

Vorliegend hat der Hotelbetreiber keine zumutbaren Prüfpflichten verletzt.

Jeder Gast, der Interesse an einer Nutzung des Internetanschlusses hatte, erhielt eine Karte mit den Zugangsdaten. Auf dieser fand sich ein Hinweis, wonach eine missbräuchliche Verwendung des Anschlusses (allgemein in Form von Urheberrechtsverletzungen durch Up- und Download) nicht gestattet sei. Auch die Angestellten seien über dieses Verbot, keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen, mündlich unterrichtet worden.

Auch war der Internetanschluss ausreichend durch entsprechende Schutzmaßnahmen gesichert. Der entsprechende Router sei bei Auslieferung werkseitig mit einem WPA 1/2 Schlüssel versehen gewesen. Dabei handelte es sich um die handelsübliche und zu diesem Zeitpunkt aktuelle Verschlüsselungs-Technik. Den Anschlussinhaber trifft keine Pflicht, seinen Anschluss regelmäßig auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Daneben kam der Hotelbetreiber seiner Sicherungspflicht auch dadurch nach, dass er eigenen Angaben zufolge regelmäßig wechselnde Zugangspasswörter verwendet hat.

Im Rahmen seiner Sicherungspflichten ist es dem Hotelbetreiber auch nicht zuzumuten, den Internetzugang seiner Gäste und Angestellten zu überwachen.

ANMERKUNGEN

Die vorliegende Entscheidung ist für den Bereich gewerblicher Vermietung, also etwa die Vermietung von Zimmern im Rahmen eines Hotelbetriebs, relevant.

In diesem Zusammenhang entschied bereits das LG Frankfurt, dass es ausreicht, wenn der Inhaber eines Hotels ein marktüblich gesichertes WLAN anbietet und den Gast auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinweist (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 18.08.2010 – 2-6 S 19/09). Der Vermieter bzw. Hotelbetreiber kommt seinen Prüfpflichten also dadurch nach, dass er sein Netzwerk ausreichend vor dem Zugriff unberechtigter Dritter schützt (vgl. hierzu insbesondere BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens; Urt. v. 24.11.2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel) und die Mieter bzw. Kunden über die rechtskonforme Nutzung des Internetanschlusses belehrt (vorliegend reichte eine Belehrung dahingehend aus, dass Urheberrechtsverletzungen in Form von Up- und Downloads urheberrechtlich geschützter Dateien unzulässig sind). Auf die ausdrückliche Nennung des Verbots einer Nutzung von Online-Tauschbörsen kommt es nicht an (vgl. zum Ganzen auch Heckmann/Specht in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 5. Aufl. 2017, Kap. 3.2 Rn. 113 f.).

Zu erwähnen bleibt jedoch, dass der Betrieb eines öffentlichen WLAN künftig ohnehin der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG – auch im Hinblick auf die Störerhaftung – unterfallen wird. Danach kann der Anbieter des öffentlichen WLAN grundsätzlich weder auf Schadensersatz noch Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. jedoch Möglichkeit der Netzsperre nach § 7 Abs. 4 TMG).

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