Keine anlasslose Belehrungspflicht des Hauptmieters als Internetanschlussinhaber in Bezug auf volljährige Untermieter einer Wohngemeinschaft

Gericht

AG Charlottenburg

Datum

16.11.2016

Aktenzeichen

231 C 309/16

Branche/ Lebenslage

  • Störerhaftung,
  • illegales File-Sharing,
  • Filesharing,
  • Haftung des Internetanschlussinhabers,
  • Wohngemeinschaft,
  • WG,
  • Mieter, Hauptmieter, Untermieter,
  • Belehrung,
  • Belehrungspflicht,
  • sekundäre Darlegungslast

Akteure

  • Urheberrechtsinhaber,
  • Internetanschlussinhaber/Hauptmieter,
  • volljähriger Dritter/Untermieter

Wer haftet?

  • Internetanschlussinhaber, jedoch nur bei konkreten Anhaltspunkten, hier (-)

Haftungsart

  • Störerhaftung,
  • Unterlassung, hier (-)

Haftungsumfang

  • Abmahnkosten/Anwaltskosten,
  • Verfahrenskosten, hier (-)

Haftungsbegründendes Verhalten

Bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an volljährigen Dritten (hier: Untermieter)

Technische Umstände

Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Daten

Persönliche Umstände

Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch volljährige Dritte, hier (-)

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Substantiierter Vortrag, dass Dritter (hier Untermieter) im fraglichen Zeitraum Zugang zum Internetanschluss gehabt hat; zudem keine anlasslose Belehrungspflicht

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Über das WLAN des Beklagten wurden urheberrechtlich geschützte Dateien (hier in Form eines Computerspiels) via Filesharing Dritten zum Download zur Verfügung gestellt.

Der Hauptmieter als Internetanschlussinhaber bestreitet, die entsprechende Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Er trägt vor, dass zum Tatzeitpunkt neben ihm auch ein namentlich bekannter Untermieter Zugang zu dem Netzwerk hatte. Dieser bestreitet die Tat.

Eine tatsächliche Vermutung spricht dafür, dass eine über einen bestimmten Internetanschluss begangene Urheberrechtsverletzung vom Inhaber des Anschlusses begangen wurde. Der Anschlussinhaber hat sodann im Rahmen seiner sog. sekundären Darlegungslast die Möglichkeit geltend zu machen, dass eine andere Person die Tat begangen hat. Der sekundären Darlegungslast wird Genüge getan, wenn der Anschlussinhaber vorträgt, ob, und, wenn ja, welche anderen Personen im relevanten Zeitraum Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und daher als Täter in Betracht kommen. Dabei kann der Beklagte im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet sein.

Im vorliegenden Fall ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem er darauf verwies, dass ein in seiner Wohnung lebender Untermieter zum fraglichen Zeitpunkt den Anschluss nutzen konnte und benutzt hat. Der Hauptmieter schildert, dass er zwar auch selbst zum Tatzeitpunkt das Internet genutzt hatte, das aber ebenso sein namentlich benannter Mitbewohner getan hat. Auch hat der Beklagte diesen zu der vorgeworfenen Tat befragt. Darüber hinausgehende Maßnahmen, wie etwa ein Durchsuchen des fremden Rechners, sind dem Hauptmieter nicht zumutbar.

Auch eine Inanspruchnahme im Rahmen der Störerhaftung scheidet vorliegend aus. So sei das Netzwerk zum einen in technischer Hinsicht hinreichend gesichert gewesen. Zum anderen sei der Hauptmieter nicht anlasslos zu einer Belehrung des volljährigen Untermieters/Mitbewohners verpflichtet.

Anmerkungen

Das AG Charlottenburg bestätigt mit der vorliegenden Entscheidung, dass keine anlasslose Belehrungspflicht des Hauptmieters in Bezug auf volljährige Untermieter einer Wohngemeinschaft besteht.

In privaten WLAN haftet somit der Hauptmieter grundsätzlich weder als Täter noch als Störer für zum Zeitpunkt der Untervermietung begangene Urheberrechtsverletzungen (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 14.03.2013 – 14 O 320/12). Ähnlich wie bei der Überlassung eines Internetzugangs an sonstige volljährige Dritte (vgl. hierzu insbesondere BGH, Urt. v. 12.05.2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook) trifft den Hauptmieter grundsätzlich – also ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte auf begangene oder bevorstehende Rechtsverletzungen – keine Überwachungs- oder Belehrungspflicht gegenüber dem Untermieter.

Etwas anderes gilt unterdessen für den gewerblichen Bereich. Im Fall einer gewerblichen Vermietung etwa von Ferienwohnungen oder des Betriebs eines Hotels sollte der Internetanschlussinhaber ein marktüblich gesichertes WLAN anbieten und den Gast auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinweisen. Das kann entweder vertraglich oder außervertraglich – etwas bei Überlassung des Zugangs – geschehen (vgl. Heckmann/Specht in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 5. Aufl. 2017, Kap. 3.2 Rn. 113 f.). Darüber hinaus treffen den Anschlussinhaber ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte keine Pflichten.

Der Betrieb eines öffentlichen WLAN wird aber ohnehin der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG unterfallen. Danach kann der Anbieter eines öffentlichen WLAN grundsätzlich weder auf Schadensersatz noch Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. jedoch Möglichkeit der Netzsperre nach § 7 Abs. 4 TMG).

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