Fahrlässigkeit der Preisgabe von Geheimnummern (Kontonummer, PIN und mindestens eine TAN) im Online-Banking infolge Phishing-Attacke

Gericht

AG Berlin-Neukölln

Datum

01.09.2009

Aktenzeichen

18 C 58/09

Branche/ Lebenslage

  • Bankkonto-Inhaber,
  • Online-Banking,
  • Preisgabe von Geheimnummer,
  • Phishing

Akteure

  • Bankkonto-Inhaber Kläger,
  • Bankkonto-Inhaber Beklagte,
  • Bank

Wer haftet?

Der Bankkonto-Inhaber, von dessen Konto aus Zahlungsaufträge durch unbefugte Dritte vorgenommen wurden, muss sich im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gegen den anderen Kontoinhaber bei eigenem fahrlässigem Verhalten dieses anteilig anrechnen lassen (hier 10%).

Haftungsart

Schadensersatz

Haftungsumfang

Haftungsbegründendes Verhalten

Fahrlässige Weitergabe der Geheimnummer infolge einer Phishing-Attacke schließt eigenen Schadensersatzanspruch anteilig aus, § 254 BGB

Technische Umstände

Ermöglichung, dass Dritte unbefugt die zum Schadensersatz berechtigenden Zahlungsaufträge anweisen

Persönliche Umstände

Fahrlässige Preisgabe der Geheimnummer

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Weitergabe von Online-Banking-Zugangsdaten nur nach den von der Bank vorgegebenen Bestimmungen, sowie transaktionsbezogen

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Der Beklagte hatte Dritten entgeltlich die Nutzung seines Bankkontos zur Verfügung gestellt. In dem Zusammenhang hob er für den Dritten mehrfach auf sein Konto überwiesene Geldbeträge ab und händigte sie diesem aus. Diese Gelder waren allerdings infolge unbefugter Überweisungsaufträge zu Lasten des Kontos des Klägers überwiesen worden.

Das Gericht entschied, dass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 261 StGB auf Schadensersatz hat.

Durch die Bereitstellung seines Kontos und die von ihm durchgeführten Abhebungen hat der Beklagte eine Geldwäsche gemäß §§ 261 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, Abs. 5, 263 a, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB begangen.

Das Gericht sah aber aufgrund eines eigenen fahrlässigen Verhaltens des Klägers einen Haftungsanspruch gegen den Beklagten nicht in voller Höhe gerechtfertigt. Das Gericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass der Kläger seine Zugangsdaten auf einer anderen Eingabemaske als der üblichen Eingabemaske seines Online-Bankings eingegeben hatte.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist aber aufgrund seines eigenen Mitverschuldens gemäß § 254 BGB um 10 % zu kürzen. Denn an dem Verlust seiner Geheimnummern für das Onlinebanking ist der Kläger selbst nicht völlig unschuldig. Im Verhältnis zum Beklagten erweist sich die Preisgabe der Geheimnummern durch den Kläger zumindest als leicht fahrlässig.

Eine Anrechnung des Mitverschuldens des Klägers wäre bei einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten nicht möglich gewesen. Hier hatte der Beklagte allerdings nur fahrlässig gehandelt, was eine Haftungsreduzierung um den Mitverschuldensanteil des Klägers rechtfertige.

Beide Sorgfaltspflichtverletzungen sind jedoch von so unterschiedlicher Schwere, dass das Gericht die Schadensersatzpflicht des Beklagten im Ergebnis nur um 10 % gemindert sieht.

Anmerkungen

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob das eigene fahrlässige Verhalten eines Bankkunden zu einer Minderung des Schadenersatzanspruchs gegenüber denjenigen führt, der sich zu Lasten des Bankkunden ebenfalls fahrlässig einer Geldwäsche strafbar gemacht hat.

Vorrangig ging es in dem Urteil um eine Klage gegen den zumindest fahrlässig an einer Geldwäsche beteiligten Kontoinhaber, erhoben durch einen geschädigten Kontoinhaber. Bedeutend ist, dass der Geschädigte aufgrund der eigenen fahrlässigen Preisgabe von Zugangsdaten im Vorfeld mitverantwortlich für die Schädigung war und daher nicht den vollen Schadensersatzanspruch zugesprochen bekam.

Das Gericht entschied nicht, ob bei vorsätzlich schädigendem Strafverhalten des Beklagten der angerechnete Mitverschuldungsanteil im Rahmen des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs reduziert werden oder gar gänzlich entfallen kann.

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