Das reine Anwerben von Bankkonten-Inhabern um über diese Computerbetrug zu begehen ist grundsätzlich kein täterschaftliches sondern teilnehmendes Verhalten

Gericht

BGH

Datum

28.11.2017

Aktenzeichen

3 StR 466/17

Branche/ Lebenslage

  • Computerbetrug,
  • Betrug,
  • Phishing,
  • Passwörter,
  • TAN,
  • mTAN,
  • SMS,
  • Ausspähung von Kontendaten,
  • Schadsoftware,
  • Online-Banking,
  • SIM

Akteure

  • Angeklagte,
  • Ermittlungsbehörde

Wer haftet?

  • Angeklagte

Haftungsart

  • Computerbetrug, § 263a StGB (Beihilfe)

Haftungsumfang

Haftungsbegründendes Verhalten

Anwerben von Bankkonten-Inhabern, um deren Konten zur Durchführung eines Computerbetrugs, § 263a StGB, zu nutzen

Technische Umstände

Die Konten der angeworbenen Bankkonten-Inhaber wurden genutzt, um an die Gelder von unbefugt in Auftrag gegebenen Überweisungsaufträgen zu gelangen

Persönliche Umstände

Die Angeklagten handelten vorsätzlich, ihnen fehlte allerdings Tatherrschaft

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Die Angeklagten hatten als Teil einer Gruppe, von Bankkunden, die am Online-Banking mittels mTAN-Verfahren teilnahmen, Konto- und Handydaten unter Einsatz von Trojanern abgefangen. Durch Aktivierung neuer SIM-Karten auf die Namen der Bankkunden konnten sie Gelder von deren Konten auf Konten von speziell hierzu angeworbenen Dritten überweisen. Beide Angeklagte hatten jeweils für die Gruppe geeignete Bankkonten-Inhaber geworben, die bereit waren ihre Konten zur Nutzung durch die Gruppe zur Verfügung zu stellen.

mTAN: bei diesem Verfahren loggen sich Bankkunden unter Verwendung ihres Passworts auf der Webseite der Bank ein und geben die für die Überweisung notwendigen Daten in die Eingabemaske ein. Anschließend wird ihnen automatisch eine SMS mit der Transaktionsnummer (TAN) auf das Mobiltelefon gesendet. Der Bankauftrag kann dann durch Eingabe der Nummer bestätigt werden.

Der BGH sah für eine Verurteilung beider Angeklagter wegen Computerbetrugs (§ 263a Abs. 1 StGB) in Mittäterschaft, § 25 Abs. 2 StGB keinen Anlass. Es sei hier vielmehr lediglich von Beihilfe auszugehen:

Mittäterschaft ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen.

Daran gemessen sind die Tatbeiträge der Angeklagten […] indes nicht als Mittäterschaft zu bewerten.

Das Anwerben geeigneter Bereitwilliger zur Nutzung derer Bankkonten für die beabsichtigten Überweisungen sei trotz der Wesentlichkeit für das letztliche Tatgelingen ein Beitrag weit im Vorfeld des Computerbetrugs. In die tatsächliche Ausführung waren die Angeklagten nicht eingebunden und hatten demnach auch keine Tatherrschaft. Selbst, dass einer der Angeklagten bei Tatbegehung vor Ort war, hätte nur dem Bestärken des angeworbenen Kontoinhabers gedient. Es änderte auch nichts an dieser Einordnung, dass einer der Angeklagten für das Anwerben einer der Bankkunden eine Art „Vermittlungsprovision“ anstrebte.

ANMERKUNGEN

Das Gericht hatte anhand der getroffenen Feststellungen zu entscheiden, ob das Handeln der Angeklagten als Beihilfe oder Mittäterschaft im Rahmen eines Computerbetrugs, § 263a StGB einzuordnen war.

Dass hier überwiegend Handlungen ganz im Vorfeld der eigentlichen Tatausführung vorgenommen wurden, bewegte den BGH zur einer Ablehnung von Tatherrschaft und damit auch zur Ablehnung von Mittäterschaft.

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