VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

Nationale Regelung

Adressat: Sämtliche Personen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Relevante Normen: § 55a, § 55b (insbesondere Abs. 6), § 100 Abs. 2, § 117, § 118

Regelungsgehalt

Allgemein:

Während die Zivilprozessordnung (ZPO) das Gerichtsverfahren in Zivilprozessen zum Gegenstand hat und die Strafprozessordnung (StPO) die Durchführung des Strafverfahrens normiert, regelt die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) das gerichtliche Verfahren der nationalen Verwaltungsgerichtsbarkeit. In Abgrenzung zum materiellen Verwaltungsrecht bildet das Verwaltungsprozessrecht ein hiervon separiertes Rechtsgebiet mit eigener Regelungsmaterie. Die VwGO gliedert sich insoweit in fünf Teile: Die Gerichtsverfassung, das Verfahren, Vorschriften zu den Rechtsmittelen und der Wideraufnahme des Verfahrens, Fragen der Kosten und der Vollstreckung sowie Schluss- und Übergangsbestimmungen. Entsprechend dieses Inhaltes richtet sich die Verwaltungsprozessordnung an all jene Personen, die in den jeweiligen „Stadien“ des Verwaltungsprozesses mittelbar und unmittelbar involviert sind. Der 7. Abschnitt beinhaltet allgemeine Verfahrensvorschriften, die von den Beteiligten zu beachten sind. Zentrale Norm der VwGO hinsichtlich des elektronischen Rechtsverkehrs ist § 55a VwGO, dessen Entstehungsgeschichte mit Einführung zum 01. August 2001 (damals noch in der Ursprungsfassung des § 86a VwGO alte Fassung, kurz a.F.) beginnt. Insoweit normierte § 86a VwGO a.F. erstmals die Einreichungsmöglichkeit elektronischer Dokumente bei Gericht. Mit Justizkommunikationsgesetz (JKomG) vom 22. März 2005 wurde § 86a VwGO a.F. jedoch gestrichen und § 55a VwGO a.F. eingefügt. Zum 01. Januar 2018 erfolgte schließlich die Neuregelung des § 55a VwGO, deren Ziel es war, eine bundeseinheitliche Regelung des elektronischen Zugangs zu den Gerichten zu schaffen. Gemeinsam mit §§ 55b, 55c und dem künftigen § 55d (ab 01.01.2022) bildet § 55a VwGO die normative Grundlage der elektronischen Kommunikation und Aktenführung die Verwaltungsgerichtsbarkeit betreffend.

§ 55a:

Die Übermittlung elektronischer Dokumente regelt § 55a VwGO. Danach können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben der Absätze 2 bis 6 des § 55a VwGO als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden, § 55a Abs. 1 VwGO. Freilich muss das elektronische Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Diese bedeutsame Änderung erfuhr § 55a VwGO durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013. Ausweislich § 55a Abs. 3 VwGO bedarf das elektronische Dokument wahlweise einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person oder ist von der verantwortenden Person zu signieren und auf einem sicheren Übermittlungsweg einzureichen. Die Legaldefinition der qualifizierten elektronischen Signatur ist der national unmittelbar geltenden europäischen eIDAS-VO über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt zu entnehmen. In § 1 Nr. 12 eIDAS-VO ist die qualifizierte elektronische Signatur als eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht, definiert. Sichere Übermittlungswege in diesem Sinne sind gemäß Absatz 4 der Norm der rechtskonform genutzte Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos (vgl. §§ 4 und 5 De-Mail-Gesetz), der Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (kurz beA, vgl. § 31a Bundesrechtsanwaltsordnung, BRAO) oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts sowie sonstige durch Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegte bundeseinheitliche Übermittlungswege, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind. Eine normale E-Mail ist folglich gerade nicht ausreichend. Eingegangen ist das elektronische Dokument, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist, § 55a Abs. 5 VwGO, worüber dem Absender eine automatisierte Bestätigung zu erteilen ist. Ist ein elektronisches Dokument entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 55a Abs. 2 Satz 1 VwGO für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen, § 55a Abs. 6 Satz 1 VwGO. Sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt, gilt das Dokument jedoch als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, § 55a Abs. 6 Satz 2 VwGO.

§ 55b (insb. Abs. 6):

Aufbauend auf der Möglichkeit, elektronische Dokumente an das Gericht bzw. die Behörden übermitteln zu können (vgl. § 55a VwGO), eröffnet § 55b Abs. 1 Satz 1 VwGO ferner (noch) die Gelegenheit, auch Prozessakten elektronisch zu führen. Verpflichtend wird dies (erst) ab dem 01. Januar 2026, § 55b Abs. 1a VwGO. Für den Fall, dass die Prozessakten elektronisch geführt werden, sind in Papierform vorliegende Schriftstücke und sonstige Unterlagen nach dem Stand der Technik zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches Dokument zu übertragen, § 55b Abs. 6 Satz 1 VwGO. Dabei ist gemäß Absatz 6 Satz 2 sicherzustellen, dass das elektronische Dokument mit den vorliegenden Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Wird ein von den verantwortenden Personen handschriftlich unterzeichnetes gerichtliches Schriftstück übertragen, ist der Übertragungsnachweis nach § 55b Abs. 6 Satz 3 VwGO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu versehen. Eine Regelung die in Papierform vorliegenden Schriftstücke und sonstigen Unterlagen betreffend enthält Absatz 6 Satz 5: Diese können sechs Monate nach der Übertragung vernichtet werden, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind.

§ 100 Abs. 2:

§ 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO ermöglicht es den Beteiligten, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einzusehen. Sofern die Prozessakten elektronisch geführt werden, wird insoweit Akteneinsicht mittels Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf gewährt, § 100 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Übermittlung eines Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akten bedarf eines besonders zu begründenden Antrags, zudem muss der Antragsteller ein berechtigtes Interesse hieran darlegen, vgl. § 100 Abs. 2 Satz 3 VwGO.

§ 117:

Auskunft über die Form und den Inhalt des Urteils gibt § 117 VwGO. Gemäß Absatz 6 der Norm hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf dem Urteil den Tag der Zustellung und unter Umständen den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten, wobei dieses Dokument mit dem Urteil untrennbar zu verbinden ist, § 117 Abs. 6 Satz 2 und 3 VwGO.

§ 118:

Im Rahmen der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 118 VwGO ist der Berichtigungsbeschluss im Falle eines elektronisch abgefassten Urteils ebenfalls elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden, § 118 Abs. 2 Satz 3 VwGO.

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